
Ein Jahr nach meiner geschlechtsangleichenden Operation kehre ich zurück an den Ort, an dem ich endlich als die Frau geboren wurde, die ich immer war. In diesem sehr persönlichen Beitrag erzähle ich dir, wie sich mein Leben, meine Sexualität und mein Körpergefühl seitdem verändert haben – und warum heute alles anders ist.
Heute geht’s nach Itzehoe. Zurück an den Ort, an dem mein neues Leben begann.
Der Morgen begann ruhig. Der Wecker klingelte, Sarah und ich tranken noch gemütlich unseren Kaffee, bevor wir uns fertig machten und die letzten Sachen für die Fahrt packten. Doch in meinem Kopf war es alles andere als ruhig. Gedanken an früher und heute wechselten sich ab. Heute kehren wir zurück in die Klinik, in der ich vor knapp einem Jahr das erste Mal wirklich geboren wurde – als Sofia, als Frau, wie ich mich mein Leben lang innerlich gefühlt habe, aber körperlich nie sein durfte.
Ein Leben im falschen Körper
35 Jahre habe ich im falschen Körper gelebt. Ich habe versucht, Sexualität zu vermeiden, so gut es ging. Mein männlicher Körper war mir unangenehm, ich ekelte mich vor ihm – und vor mir selbst. Ich hatte große Probleme, mich nackt zu zeigen – selbst vor Sarah, meiner Partnerin, die ich so sehr liebe. Sexualität fühlte sich wie eine Pflicht an, selten wie ein Genuss. Noch viel schwerer war aber der Alltag: jeden Tag eine Rolle zu spielen, eine männliche Maske zu tragen, hinter der ich zu verschwinden versuchte. Ich wollte unsichtbar sein. Ich schaute nicht mehr in den Spiegel, vernachlässigte mich selbst – weil ich die Person, die mir da entgegenblickte, nicht kannte.
Der Druck wurde irgendwann zu groß. Ich musste eine Entscheidung treffen: Entweder endet mein Leben hier – oder ich nehme all meinen Mut zusammen und oute mich.
Die Entscheidung brauchte Zeit. Drei Monate lag ich depressiv auf dem Sofa und grübelte. Was würde Sarah sagen? Meine Familie? Mein Arbeitgeber? Doch irgendwann sprach ich es aus. Ich erzählte Sarah alles. Wir redeten eine Woche lang intensiv über meine Gefühle, meine Vergangenheit, meine Zukunft. Und sie war da. Mit offenen Ohren, offenen Armen – und bis heute an meiner Seite. Auch jetzt, während dieser Fahrt nach Itzehoe.
Die OP – und der Moment, der mein Leben veränderte

Die Operation verlief ohne Komplikationen. Die ersten Wochen waren körperlich hart – tägliches Dehnen, immer wieder Blutungen. Aber ich wusste, wofür ich das tat. Nach zwei Wochen durfte ich meine neue Vagina zum ersten Mal sehen. Ich war sprachlos, überwältigt. Ich weinte vor Glück. Das war ich. Endlich.
Zurück im Zimmer sagte ich zu Sarah: „Ich möchte dir gerne etwas zeigen.“ Und zum ersten Mal berührte sie mich dort – sanft, vorsichtig, voller Liebe. Es war ein Moment, den ich nie vergessen werde. Heute sagt sie lachend, sie könne gar nicht mehr die Finger von mir lassen.
Auch für sie war vieles neu – denn ich bin die erste Frau in ihrem Leben. Unsere Sexualität ist heute zärtlich, leidenschaftlich und endlich befreiend. Die Depressionen wurden weniger, mein Selbstwertgefühl wuchs. Schritt für Schritt.
Heute – selbstbewusst, sexy und endlich ich

Heute schaue ich in den Spiegel – und sehe mich. Ich liebe es, shoppen zu gehen, mich schön zu machen, vor der Kamera zu stehen. Ich liebe meine Sexualität, mein neues Körpergefühl. Ich trage gerne enge Kleidung, kurze Röcke, zeige mich gern. Früher war das undenkbar. Ich fühle mich weiblich, sinnlich – und das sieht man mir auch an.
Für Sarah war mein neues Selbstbewusstsein anfangs ungewohnt – vor allem mein Flirten mit Männern. Es gab Streit, Unsicherheiten. Doch heute weiß sie: Ich liebe nur sie. Und Sexualität lebe ich nur mit ihr aus.
Auch ganz Alltägliches wie Kuscheln ist heute so viel schöner. Früher fühlte sich mein Penis wie ein Fremdkörper an – heute ist da nichts mehr, was uns trennt.
Ich bin einfach nur ich – und das reicht
Ich sehe mich nicht als Transfrau. Ich bin eine Frau. Punkt. Der Begriff „Trans“ wird in der Erotikwelt oft missverstanden – und für mich gehört meine Vergangenheit der Vergangenheit an. Ich lebe heute als Frau, denke wie eine Frau, fühle wie eine Frau – und liebe wie eine Frau. Nur wer es wissen will, erfährt meine Geschichte. Für den Rest bin ich einfach Sofia.
Meine Botschaft an dich
Früher habe ich auf Social Media viel über meinen Weg geschrieben. Auch heute möchte ich allen Mut machen, die sich gerade auf ihrer eigenen Reise befinden. Wenn du Fragen hast, nicht weiterweißt, oder einfach jemanden brauchst, der dich versteht – schreib mir gerne.
Du bist nicht allein.
Kommentar hinzufügen
Kommentare